Überlebenskünstler kann auf neue Wirtspflanzen hoffen

Überlebenskünstler kann auf neue Wirtspflanzen hoffen

Echte Handarbeit: Die Samen werden gesammelt…
…und an geeigneter Stelle wieder ausgesät. (Fotos: A. Zurell)
Der Ameisenbläuling auf seiner Wirtspflanze Großer Wiesenknopf. (Foto: S. Hennigs)

 

Im FFH-Gebiet „Mittellauf der Schwarzen Elster“, das Teil des Naturparks Niederlausitzer Heidelandschaft ist, haben wir Samen des Großen Wiesenknopfes gesammelt und an geeigneten Stellen im Gebiet wieder ausgesät. Er steht für viele Arten der extensiv genutzten Feuchtgrünländer und ist die einzige Wirtspflanze des Dunklen Wiesenknopf-Ameisenbläulings.

Gebiet des Ameisenbläulings soll erweitert werden

Wie bereits berichtet, ist der Verbund von Pflanze und Ameise überlebenswichtig für den Tagfalter, der vom Aussterben bedroht ist. Nun hoffen wir durch die Maßnahme auf zahlreiche neue Wirtspflanzen. Nur wo der Große Wiesenknopf, die Blume des Jahres 2021, wächst, fliegt auch der Bläuling. Denn die spezielle Zusammensetzung des Habitats ist für ihn überlebenswichtig. Am Flusslauf der Schwarzen Elster liegt das größte Vorkommensgebiet des Dunklen Wiesenknopf-Ameisenbläulings in Brandenburg. Durch die Hochwasser in den Jahren 2011 und 2013 ist der Bestand im Deichvorland zurückgegangen. Ein Ziel des Projekts Natura 2000-Umsetzung ist es daher, den Lebensraum des Falters in angrenzende Wiesenbereiche hinter die Deiche zu erweitern.

Der Wiesenknopf ist ein Lichtkeimer. Er benötigt kleine Störstellen – also vegetationsfreie Kleinflächen am Boden – um sich zu etablieren. Diese haben wir mit dem Heurechen nachgestellt und die gesammelten Samen auf Potentialflächen für den Ameisenbläuling wieder ausgebracht. Neben der Ansiedlung der Pflanzen sind zusätzlich auch eine extensive Nutzung, bei der zwischen Juni bis September nicht gewirtschaftet wird, sowie der Einsatz leichter Technik entscheidend. Biozide und Dünger dürfen nicht eingesetzt werden. Nur so sind der Schutz und die Entwicklung des Lebensraums mit Wirtspflanze und -ameise möglich, um den Überlebenskünstler Wiesenknopf-Ameisenbläuling zu sichern und die Population zu vergrößern.

Hintergrund: Ein Lebenszyklus der besonderen Art

Der Dunkle Wiesenknopf-Ameisenbläuling  ist ein wahrer Meister der Nutznießerschaft: Auf geschickte Art und Weise macht er von Wirtspflanze und -ameise Gebrauch, um seine hochspezialisierte Lebensweise zu realisieren: Zum Julianfang legt der Falter seine Eier in die Blüten des Großen Wiesenknopfes (Sanguisorba officinalis), aus denen nur wenige Tage später die Larven schlüpfen. Diese profitieren von ihrer Wirtspflanze, indem sie sich drei bis vier Wochen von den Blütenköpfchen ernähren. Um zu überwintern wenden die dann ca. drei Millimeter langen Raupen im Anschluss eine listige Imitation an: Von der Wiesenknopfblüte lassen sie sich zu Boden fallen und werden dort schließlich von der Roten Knotenameise „adoptiert“. In ihren Honigduft- und Honigdrüsen produzieren die Raupen einen Duft, der die Ameisen anlockt, und fälschen dann sogar den Duft des Ameisennachwuchses. Die Täuschung wird noch perfektioniert, indem die Raupen ihren Körper s-förmig krümmen und sich aufblähen, um die Ameise davon zu überzeugen, verlorengegangener Nachwuchs zu sein. So erreichen die Larven des Ameisenbläulings schließlich, dass sie in den Ameisenbau getragen werden, wo sie zehn Monate bleiben. In dieser Zeit können sie bis zu 600 Ameisenlarven verspeisen und halten sich die Ameisen immer noch durch Duftstoffe vom immer größer werdenden Leib. Gefährlich wird es allerdings im 25-tägigem Puppenstadium während des Junis: Die Geruchsimitation ist nicht mehr möglich und nur Schuppen verhindern Bisse der Ameise, wenn der geschlüpfte Falter schnellstmöglich den Ameisenbau verlassen muss. Danach beginnt der aufregende Lebenszyklus von neuem. 

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