Natura 2000 in Brandenburg: Waldweide

Das Foto zeigt ein Blütenmeer auf dem Weinberg, rechts stehen einige Bienenstöcke und im Hintergrund befindet sich ein Wald.

Skudden für den Großmachnower Weinberg Art der Biotoppflege bietet Potential

Zufrieden blickt der alte Skuddenbock direkt in die Kamera des Fotografen. Er ist einer von 20 männlichen Tieren dieser heimischen Hausschafrasse, die im Juli 32 Tage auf dem Großmachnower Weinberg lebten. Dieses knapp 13 Hektar große Fauna-Flora-Habitat (FFH)-Gebiet ist Teil unseres Stiftungsprojektes „Natura-2000-Umsetzung“, wir initiieren hier mit den Eigentümer*innen Naturschutzmaßnahmen. Das Gebiet zeichnet sich durch „Trockene kalkreiche Sandrasen“ (Lebensraumtyp 6120) sowie „Alte bodensaure Eichenwälder“ (LRT 9190) aus und bedarf besonderer Pflege, damit sich die Eichen über Naturverjüngung vermehren und typischen Trockenrasenarten sich auf offenen Stellen gut etablieren können. 

Diese Biotoppflege übernahmen also die 20 Skudden, indem sie auf einer Fläche von 1,1 Hektar und einem Umfang von 510 Metern u.a. den bodenbedeckenden und rankenden Gewöhnlichen Efeu sowie die Spätblühende Traubenkirsche fraßen. Und dies mit positiven Auswirkungen für Eichenwald und Trockenrasen: Zum einen konnten durch den Fraß des Efeus sowie Tritte und Lagern lichte und offene Bereiche erhalten bzw. sogar neu geschaffen werden. Zum anderen wurden Laub und erreichbare Zweige der Traubenkirsche kahlgefressen und Stämme geschält; Neuaustriebe wurden schnell verbissen. 

Die Waldweide in Deutschland ist äußerst selten: Um die waldtypische Vegetation und die Naturverjüngung zu schützen sowie die Strukturvielfalt zu erhalten, werden Weidetiere nur im Ausnahmefall im Wald gehalten. Jedoch birgt die Waldweide am Großmachnower Weinberg großes Potential, wie auch das begleitende Monitoring durch den Botaniker Ralf Schwarz bestätigt. Die deutliche Schwächung der invasiven Art Späte Traubenkirsche und das Öffnen bzw. Erweitern der Sandrasenflächen sowie eine Lichtstellung der Bodenschicht sprechen eindeutig für eine Waldweide. Maßgeblich verantwortlich für diese erfolgreiche Durchführung ist nicht nur der Einsatz des Flächeneigentümers – in dem Fall der engagierte Landschaftspflegeverein Mittelbrandenburg e. V. –, sondern auch die aufwendige Vorbereitung. Diese hat bereits mit der Managementplanung in der Stiftung im Zeitraum zwischen 2015 und 2019 begonnen und maßgeblich die Grundsteine für die intensive Zusammenarbeit zwischen Landesamt für Umwelt, Untere Naturschutzbehörde sowie Landesbetrieb Forst gelegt. 

Doch noch ist die Art der Biotoppflege nicht ausgereift: Da es sich beim Großmachnower Weinberg um ein Wolfsgebiet handelt, bedarf es zum Schutz der Tiere besonderer Vorkehrungen. Ein wolfssicherer – das heißt untergrab- und überklettersicherer, elektrischer – Zaun muss gebaut und täglich kontrolliert werden. Damit ist ein erheblicher Arbeitsaufwand für den Schäfer verbunden. Der Vertragsnaturschutz wurde im Wald bisher wenig bis gar nicht angewandt, ist aber mit kleinen Optimierungen ein sehr passendes Förderinstrument. Die Faktoren, die im Offenland gelten, sind nicht immer auf den Wald übertragbar, sodass hier auf Entwicklungen in den kommenden Jahren und Projekten zu hoffen bleibt, damit Landnutzer*innen weiter den Vertragsnaturschutz als wichtiges Instrument ihrer Tätigkeit verstehen. 

Nichtsdestotrotz verdeutlicht das von unserem Team initiierte Waldweide-Projekt am Großmachnower Weinberg: Bei einer angemessenen Honorierung, einer botanisch wirkungsvollen Portionierung der Weide, einem begleitenden Monitoring sowie einer gesicherten Regulierung zum Schutz der Tiere vor dem Wolf ist eine Waldweide eine äußerst sinn- und ökologisch wertvolle Art der Biotoppflege. 

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